Obligatorische Sozialversicherungen in der Schweiz: Ein Überblick

Als Arbeitgeber:in in der Schweiz gibt es viele Themen, die den Arbeitsalltag bestimmen – eines davon sind die Sozialversicherungen. Sie bilden das Rückgrat des Schweizer Sozialsystems und sorgen für Sicherheit in unterschiedlichsten Lebenslagen. Für Arbeitgeber:innen sind sie weit mehr als nur eine gesetzliche Vorgabe – sie sind ein entscheidender Faktor für Fairness und Transparenz im Arbeitsverhältnis.

Autor
Anna Wiesian
Anna ist Co-Founder von Paymira. Die langjährige Payroll-Expertin schreibt hier regemässig über Wissenswertes rund um Payroll und HR.
Publiziert
1/2/2025

Damit Sie bei den wichtigsten Punkten den Überblick behalten, finden Sie hier einen kompakten Leitfaden zu den obligatorischen Sozialversicherungen. Wenn Sie sich auch für freiwillige Versicherungen interessieren, werfen Sie gerne einen Blick in unseren separaten Artikel unter folgendem Link.

Kurzer Überblick: Obligatorische vs. freiwillige Sozialversicherungen

Das Schweizer Sozialversicherungssystem fusst auf drei Säulen – zwei sind gesetzlich vorgeschrieben, die Dritte ist freiwillig. Für Sie als Arbeitgeber:in ist vor allem relevant zu wissen, welche Versicherungen zwingend abzuschliessen sind und welche optional sind, um Ihre Mitarbeiter:innen optimal abzusichern.

Da wir uns an dieser Stelle auf die obligatorischen Versicherungen konzentrieren, möchten wir kurz erwähnen, dass es daneben beispielsweise freiwillige Varianten wie bestimmte Zusatzversicherungen zur Unfallversicherung oder erweiterte BVG-Lösungen gibt. Mehr Informationen dazu finden Sie in unserem separaten Artikel [Link].

Im Folgenden schauen wir uns im Detail die obligatorischen Versicherungen im Schweizer Personalwesen an: AHV/IV/EO und ALV, Unfallversicherung sowie die berufliche Vorsorge (BVG).

AHV/IV/EO und ALV

Die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), Invalidenversicherung (IV) und Erwerbsersatzordnung (EO) sowie die Arbeitslosenversicherung (ALV) gehören zu den zentralen Bausteinen des Schweizer Sozialversicherungssystems. Grundsätzlich sind alle Arbeitnehmer:innen zwischen 18 und 64/65 Jahren beitragspflichtig. Mit Erreichen des Referenzalters (64 Jahre + 3 Monate für Frauen, 65 für Männer; Stand 2025) entfällt die Beitragspflicht für die ALV vollständig, während bei der AHV/IV/EO ein monatlicher Freibetrag von CHF 1'400.– gewährt wird. Die Abrechnung erfolgt über die Ausgleichskassen, welche unterjährig Akontorechnungen stellen und bis Ende Januar des Folgejahres eine Jahresenddeklaration verlangen. Auf deren Basis wird die Schlussrechnung für Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge erstellt.

Die gesetzlichen Beitragssätze (Stand 2025) betragen bei der AHV/IV/EO insgesamt 10,6 Prozent und bei der ALV 2,2 Prozent des massgebenden Lohns. Beide teilen sich zu gleichen Teilen auf Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:in auf. Zusätzlich kommen die Familienausgleichskasse (FAK) sowie Verwaltungskosten hinzu, die jedoch vollständig von der/dem Arbeitgeber:in getragen werden müssen und je nach Kanton oder Branche variieren können.

Um die Beitragserhebung nachvollziehen zu können, ist es entscheidend, die pflichtigen Lohnbestandteile zu kennen. Diese bilden den sogenannten „massgebenden Lohn“. Als hilfreiches Nachschlagewerk empfehlen wir die Wegleitung zur Bestimmung des massgebenden Lohnes (WML), die unter folgendem Link abrufbar ist: WML – Bestimmung des massgebenden Lohnes.

Bei der AHV/IV/EO existiert keine Lohngrenze, während bei der ALV Löhne oberhalb von CHF 148’200.– im Jahr (bzw. CHF 12’350.– im Monat) nicht mehr beitragspflichtig sind. Eine Besonderheit stellt der/die Arbeitnehmer:in in arbeitgeberähnlicher Stellung dar. Obwohl solche Personen ALV-Beiträge zahlen, haben sie im Fall von Arbeitslosigkeit keinen Anspruch auf ALV-Leistungen, da sie die Unternehmensentscheidungen massgeblich beeinflussen können.

Unfallversicherung

Die Unfallversicherung (UVG) ist in der Schweiz ebenfalls zwingend vorgeschrieben. Ab dem ersten Arbeitstag muss jede:r Mitarbeiter:in gegen Berufsunfälle versichert sein. Arbeiten Personen mehr als acht Stunden pro Woche, so ist zusätzlich auch die Nichtberufsunfallversicherung abzuschliessen. Die Beiträge für die Berufsunfallversicherung übernimmt der/die Arbeitgeber:in, während jene für Nichtberufsunfälle in der Regel von den Arbeitnehmer:innen getragen werden. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass der/die Arbeitgeber:in auch diese Beiträge freiwillig übernimmt.

Im Falle eines Unfalls sind Löhne bis zu CHF 148’200.– pro Jahr (oder CHF 12’350.– im Monat) versichert. Darüber hinaus können Zusatzversicherungen abgeschlossen werden, um höhere Lohnanteile abzusichern. Ob die SUVA automatisch zuständig ist oder ob ein Privatversicherer gewählt werden kann, hängt von der Branche und den gesetzlichen Vorschriften ab. Im Leistungsfall zahlt die Unfallversicherung ab dem dritten Tag ein Taggeld in Höhe von 80 Prozent des versicherten Lohns, bis die betroffene Person wieder arbeitsfähig ist oder eine Unfallrente beantragt wird. Die Unfall-Taggelder gelten nicht als massgebender Lohn und sind daher nicht AHV/IV/EO/ALV-pflichtig.

Berufliche Vorsorge (BVG)

Die berufliche Vorsorge (BVG) stellt die zweite Säule der Schweizer Altersvorsorge dar und dient zusammen mit der AHV/IV dazu, den gewohnten Lebensstandard im Alter oder bei Invalidität aufrechtzuerhalten. Arbeitnehmer:innen werden ab dem 1. Januar nach ihrem 17. Geburtstag gegen die Risiken Invalidität und Tod versichert, und ab dem 1. Januar nach Vollendung des 24. Lebensjahres zusätzlich für Altersleistungen. Das obligatorische BVG deckt einen Jahreslohn zwischen CHF 22’680.– und CHF 90’720.– ab. Daraus ergibt sich der koordinierte Lohn, der maximal CHF 64’260.– beträgt, indem der Koordinationsabzug (CHF 26’460.–) berücksichtigt wird.

Die folgende Übersicht zeigt drei Ausnahmefälle, in denen keine BVG-Pflicht besteht:

  • Wenn das Eintrittsalter für die berufliche Vorsorge noch nicht erreicht ist oder bereits das Rentenalter überschritten wurde.
  • Wenn es sich um einen befristeten Arbeitsvertrag von maximal drei Monaten handelt.
  • Wenn der/die Arbeitnehmer:in im Sinne der IV zu mindestens 70 Prozent invalid ist.

Arbeitgeber:innen, die BVG-pflichtige Mitarbeiter:innen beschäftigen, müssen einer registrierten Vorsorgeeinrichtung angeschlossen sein. Soll ein Lohn oberhalb der oberen BVG-Grenze versichert werden, kann dies über Zusatzlösungen erfolgen. Die Beiträge im BVG werden üblicherweise in Form fixer Prämien erhoben, wobei sich Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:in die Kosten für die berufliche Vorsorge teilen.FazitDie obligatorischen Sozialversicherungen in der Schweiz sind vielfältig und können auf den ersten Blick komplex erscheinen. Dennoch bieten sie Ihren Mitarbeiter:innen eine wichtige Absicherung im Falle von Krankheit, Unfall, Invalidität, Arbeitslosigkeit oder für das Alter. Für Sie als Arbeitgeber:in ist es entscheidend, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten und sich mit den administrativen Abläufen vertraut zu machen – insbesondere was die Beitragsabrechnung, Deklaration und Fristen betrifft.Wer sich intensiver mit freiwilligen Versicherungsangeboten oder erweiterten Vorsorgelösungen befassen möchte, sollte sich weiterführend beraten lassen oder in unserem separaten Artikel nachlesen. Dort finden Sie Hinweise, wie Sie Ihren Mitarbeiter:innen über das gesetzliche Minimum hinaus zusätzliche Sicherheit bieten können. So gestalten Sie Ihr Unternehmen nicht nur attraktiver als Arbeitgeber:in, sondern leisten auch einen wertvollen Beitrag zur langfristigen Absicherung Ihrer Mitarbeitenden.

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