In unserem letzten Blogbeitrag haben wir uns intensiv mit den obligatorischen Sozialversicherungen in der Schweiz auseinandergesetzt und einen Überblick über deren Funktionsweise und gesetzliche Grundlagen gegeben. Dabei ist deutlich geworden, wie wichtig eine solide Basisversicherung für sämtliche Arbeitnehmenden ist – egal ob es um die AHV, IV oder die obligatorische Unfallversicherung geht.
Doch in vielen Fällen ist es sinnvoll, über diese Grundabsicherungen hinauszugehen und Lücken zu schliessen, die durch höhere Einkommen, besondere Ansprüche oder längere Krankheitsabwesenheiten entstehen können. Genau an diesem Punkt kommen die UVG-Zusatzversicherung (UVG-Z), die Krankentaggeldversicherung (KTG) und die überobligatorische berufliche Vorsorge (BVG) ins Spiel. In diesem Beitrag knüpfen wir an den vorherigen Artikel an und zeigen Ihnen, wie diese erweiterten Lösungen einen umfassenderen Schutz für Sie selbst und Ihre Mitarbeitenden bieten – von verbesserten Leistungen bei Unfall oder Krankheit bis hin zu einem höheren Komfort im Alter. Lesen Sie weiter, um herauszufinden, wie Sie die unterschiedlichen Bausteine optimal kombinieren und auf Ihren persönlichen Bedarf abstimmen können.
In der Schweiz sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in verschiedenen Bereichen gegen Krankheit und Unfall versichert. Dabei spielen unter anderem die UVG-Zusatzversicherung (UVG-Z), die Krankentaggeldversicherung (KTG) und der überobligatorische Teil der beruflichen Vorsorge (BVG) eine zentrale Rolle. Alle drei leisten einen wichtigen Beitrag zur finanziellen Absicherung von Erwerbstätigen und ihren Familien. Dennoch unterscheidet sich ihr Leistungsumfang, ihre Finanzierung und ihre gesetzliche Verankerung deutlich. Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick über die Hintergründe, Funktionsweisen und Besonderheiten dieser Versicherungen.
1. Ausgangslage und gesetzliche Grundlagen
In der Schweiz ist die Unfallversicherung für Arbeitnehmende gemäss Unfallversicherungsgesetz (UVG) obligatorisch. Jeder Arbeitgeber muss seine Mitarbeitenden gegen Unfälle versichern, die während der Arbeit (Berufsunfälle) und in der Freizeit (Nichtberufsunfälle) geschehen können. Ergänzend zum obligatorischen Versicherungsschutz nach UVG besteht die Möglichkeit, zusätzliche Leistungen über eine UVG-Zusatzversicherung (UVG-Z) abzudecken.
Die finanziellen Folgen von Krankheiten werden hingegen über das Krankentaggeld (KTG) abgesichert, sofern ein entsprechender Vertrag besteht. Anders als die UVG-Versicherung ist das KTG in der Schweiz nicht grundsätzlich gesetzlich vorgeschrieben, es ist jedoch in vielen Gesamtarbeitsverträgen oder individualvertraglichen Vereinbarungen verankert und für Arbeitgebende wie Arbeitnehmende oft von hoher Bedeutung.
Die berufliche Vorsorge (BVG) wiederum umfasst die obligatorische Pensionskassenlösung für Arbeitnehmende ab einem bestimmten Mindesteinkommen. Dabei gibt es neben den gesetzlichen Mindestleistungen (obligatorische BVG) auch Ausbaustufen, die über das Minimum hinausgehen. In diesem Fall spricht man von der überobligatorischen BVG. Diese ermöglicht es Unternehmen oder Versicherten, verbesserte Vorsorgeleistungen zu vereinbaren, beispielsweise durch höhere Sparbeiträge oder bessere Risikoleistungen (bei Invalidität oder Todesfall).
2. UVG-Zusatzversicherung (UVG-Z)
Die obligatorische Unfallversicherung nach UVG deckt zwar viele Risiken umfassend ab, hat jedoch Leistungsgrenzen. Beispielsweise sind Taggelder, Invalidenrenten oder bestimmte Behandlungskosten über das UVG nach oben hin begrenzt. Wer also ein höheres Einkommen hat oder eine verbesserte Deckung für bestimmte Heilbehandlungen wünscht, kann eine sogenannte UVG-Zusatzversicherung abschliessen.
Diese Zusatzversicherung wird häufig von Arbeitgebern angeboten, die ihren Mitarbeitenden ein höheres Sicherheitsnetz bieten möchten. Sie kann beispielsweise Folgendes beinhalten:
- Erhöhung des versicherten Verdienstes: Da das UVG-Gesetz nur bis zu einer gewissen Lohnobergrenze (aktuell 148’200 CHF pro Jahr) voll leistet, kann mit einer Zusatzversicherung dieser Grenzbetrag angehoben werden. Dadurch erhalten Mitarbeitende im Falle eines Unfalls Taggelder oder Renten, die ihrem effektiven Lohn näherkommen.
- Private oder halbprivate Spitaldeckung: Während die obligatorische Unfallversicherung in der Regel lediglich Allgemeinabteilung-Leistungen im Spital deckt, kann eine UVG-Z den Aufenthalt in der Privat- oder Halbprivatabteilung absichern. Das bietet den Versicherten mehr Komfort und Wahlfreiheit in der Spitalwahl.
- Kostenübernahme für besondere Behandlungen: Je nach Police können Zusatzversicherungen auch alternative Behandlungsmethoden oder weitergehende Rehabilitationsmassnahmen einschliessen.
Die Prämien für eine UVG-Zusatzversicherung werden je nach Vereinbarung vom Arbeitgeber, vom Arbeitnehmer oder von beiden gemeinsam getragen. Da sie nicht obligatorisch ist, besteht bei der Ausgestaltung eine gewisse Flexibilität. Allerdings sollten Unternehmen und Versicherte unbedingt darauf achten, dass die Police zu den eigenen Bedürfnissen und zum Risikoprofil passt.
3. Krankentaggeldversicherung (KTG)
Die Krankentaggeldversicherung schützt Arbeitnehmende vor den finanziellen Folgen eines Lohnausfalls, wenn sie krankheitsbedingt nicht arbeiten können. Das Schweizer Obligationenrecht (OR) schreibt zwar vor, dass Arbeitgebende während einer bestimmten Zeit – abhängig von Dienstjahren und kantonalem Gerichtspraxis – den Lohn fortzahlen müssen (Lohnfortzahlungspflicht). Diese Zeiträume sind jedoch begrenzt und reichen bei längeren Erkrankungen oft nicht aus.Eine KTG-Police springt genau dann ein, wenn die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers ausläuft oder wenn vertraglich geregelt ist, dass der Lohnfortzahlungsanspruch frühzeitig durch eine Taggeldversicherung ergänzt wird. Die Höhe und Dauer der KTG-Leistungen variieren je nach Versicherungsvertrag. In vielen Branchen und Gesamtarbeitsverträgen gelten Standardlösungen, die beispielsweise 80 Prozent des versicherten Lohns für maximal 730 Tage (zwei Jahre) leisten.Die KTG-Prämien werden üblicherweise je zur Hälfte von Arbeitgebendem und Arbeitnehmendem getragen, sofern nichts anderes vertraglich vereinbart ist. Für Unternehmen hat die Krankentaggeldversicherung den Vorteil, das finanzielle Risiko langer Krankheit abzufedern, während Arbeitnehmende von einer längeren Einkommenssicherheit profitieren. Wichtig ist jedoch, dass die Wartefristen (d. h. ab welchem Tag die Versicherung zahlt) und der Umfang der Deckung klar geregelt sind, damit keine Lücken entstehen.
4. Überobligatorische BVG-Lösungen
Die berufliche Vorsorge (BVG) stellt die zweite Säule des Schweizer Drei-Säulen-Systems dar. Zusammen mit der staatlichen Vorsorge (AHV/IV) und der privaten Vorsorge (3. Säule) dient sie dazu, den gewohnten Lebensstandard im Alter, bei Invalidität oder im Todesfall soweit wie möglich zu erhalten. Das BVG schreibt einen Mindestlohn (Eintrittsschwelle) vor, ab dem Arbeitnehmende obligatorisch versichert werden. Zudem legt es Mindestleistungen fest, die jede Pensionskasse erbringen muss.Viele Unternehmen entscheiden sich aber bewusst für sogenannte überobligatorische BVG-Lösungen, um ihren Mitarbeitenden attraktivere Vorsorgeleistungen zu bieten. In diesen erweiterten Plänen werden zum Beispiel:
- Höhere Sparbeiträge geleistet, damit sich das Altersguthaben schneller vermehrt.
- Bessere Risikoleistungen bei Invalidität oder Todesfall vereinbart, sodass Hinterbliebene oder Betroffene finanziell umfangreicher abgesichert sind.
- Lohnanteile, die über der BVG-Obergrenze (90’720 CHF pro Jahr, Stand 2025) liegen, zusätzlich versichert. So bleibt ein grösserer Teil des effektiven Einkommens versichert und die Renten fallen später höher aus.
Für viele Fach- und Führungskräfte, die ein höheres Einkommen haben, ist die überobligatorische Vorsorge besonders interessant. Da der obligatorische Teil des BVG oft nicht ausreicht, um den gewohnten Lebensstandard im Alter zu sichern, können überobligatorische Lösungen diese Lücke schliessen oder zumindest verkleinern.
5. Zusammenwirken der Versicherungen und persönliche Vorsorgeplanung
Die UVG (inklusive UVG-Z) kümmert sich primär um Unfallsituationen, während die KTG gezielt bei Krankheit einspringt. Die berufliche Vorsorge hingegen deckt das Langzeitrisiko von Alter, Invalidität und Tod ab. Für Arbeitnehmende und auch für Selbstständigerwerbende ist es daher essenziell, alle drei Bereiche im Blick zu behalten. Nur wenn Unfall, Krankheit und Altersvorsorge gemeinsam betrachtet werden, lässt sich eine Lücke in der Absicherung vermeiden.Insbesondere Personen mit überdurchschnittlichem Einkommen oder besonderen Bedürfnissen (z. B. Wunsch nach halbprivater/unfallbezogener Spitaldeckung, erhöhten Leistungen im Krankheitsfall oder hoher Altersrente) sollten frühzeitig prüfen, ob die obligatorischen Mindestversicherungen ausreichen. Oft werden in Betrieben verschiedene Pakete geschnürt, um den Mitarbeitenden einen attraktiven Rundum-Schutz zu bieten. Dabei ist es ratsam, sich regelmässig beraten zu lassen und den Versicherungsumfang auf die individuelle Lebenssituation abzustimmen.
6. Ausblick und Schlussfolgerung
Die Versicherungslandschaft in der Schweiz ist vergleichsweise komplex, bietet aber auch viel Flexibilität. Die UVG-Zusatzversicherung (UVG-Z) hilft, Deckungslücken bei Unfällen zu schliessen und erhöht den Komfort (z. B. durch privatärztliche Behandlung). Die Krankentaggeldversicherung (KTG) schützt vor finanziellen Engpässen, wenn eine Krankheit den Lohnfluss unterbricht. Und die überobligatorische BVG ermöglicht eine bessere Vorsorge über das gesetzliche Minimum hinaus.
Für Arbeitgebende stellen diese drei Bausteine ein wichtiges Instrument dar, um sich im Wettbewerb um Fachkräfte zu positionieren. Attraktive Sozialleistungen sind ein starkes Argument für viele qualifizierte Mitarbeitende, die Sicherheit und langfristige finanzielle Stabilität schätzen. Für Arbeitnehmende wiederum sind sie eine Möglichkeit, das eigene finanzielle Risiko bei unvorhergesehenen Ereignissen deutlich zu reduzieren und den gewohnten Lebensstandard auch bei Unfall, langer Krankheit oder im Alter möglichst zu erhalten.In der Praxis zahlt es sich aus, die einzelnen Versicherungen nicht isoliert zu betrachten. Gerade weil die Leistungen teilweise ineinandergreifen oder sich ergänzen, sollte man sich einen Gesamtüberblick verschaffen. Einige Arbeitgeber bieten Komplettpakete an, bei denen UVG-Z, KTG und BVG-Lösungen aufeinander abgestimmt sind. Wer sich selbstständig um Versicherungen kümmert oder als Firmeninhaber entsprechende Angebote für sein Personal auswählt, steht vor der Herausforderung, die richtigen Partner und Police-Optionen zu wählen.Letztendlich gibt es kein Patentrezept, welches für alle Gültigkeit hat. Die ideale Versicherungskombination hängt immer von den individuellen Bedürfnissen, der persönlichen Risikobereitschaft und dem verfügbaren Budget ab. Dennoch lässt sich festhalten, dass eine gute Absicherung in allen drei Bereichen – Unfall, Krankheit und berufliche Vorsorge – in der Schweiz ein wesentlicher Bestandteil der sozialen Sicherheit ist und langfristig auch für Unternehmen von Vorteil sein kann.Gerade in Zeiten steigender Gesundheitskosten und einer alternden Bevölkerung ist es ratsam, sich frühzeitig mit dem Thema auseinanderzusetzen und gegebenenfalls auf erweiterte oder überobligatorische Angebote zu setzen. So lassen sich Risiken minimieren und finanzielle Einbussen bei Krankheit, Unfall oder im Alter spürbar abfedern.